Mythos Ironman – „Anything is possible“
Ein Bericht über den Ironman Austria Klagenfurt 2010 von Manuel Spreitzer
Wie schnell die Wochen doch verfliegen. Der letzte Bericht endete mit folgenden Zeilen:
"...Die nächsten Wochen folgt für mich der letzte Feinschliff für den Ironman in Kärnten, wo es das ganze mal zwei zu bewältigen gibt (3,8 Swim/180 Bike/ 42 Run), aber das ist eine andere Geschichte..."
Letztes Wochenende war es soweit. Der Höhepunkt meiner sportlichen Laufbahn stand vor der Tür. Der Ironman Austria Triathlon in Kärnten. Ich sitze vor der Tastatur und versuche in Worte zu fassen was es bedeutet 3,8km zu schwimmen, 180km Rad zu fahren und danach einen Marathon zu laufen. Dieses Wochenende lässt sich nur schwer niederschreiben, aber ich versuche es.
Kurz vorweg, am 4. Juli ging ein Traum in Erfüllung und ich konnte den „Kärnten Ironman Austria“ in einer (für mich) Fabelzeit von 9h 38min 16sek beenden. Die folgenden Zeilen beschreiben wie das alles zu Stande kam.
Ein Monat nach dem Berlin Marathon 2009, wo ich meine persönliche Bestzeit von 2:49 gelaufen bin, begann die Vorbereitung auf den Ironman (November 2009). Die nächsten Monate standen im Fokus der Vorbereitung auf das Event. Ich wollte so gut wie möglich vorbereitet sein, nichts dem Zufall überlassen. Die Monate vergingen und vergingen.
Am Mittwoch vor dem Rennen war dann alles organisiert und verpackt. Donnerstag am Morgen noch eine kurze Radeinheit und ein kleiner technischer Radcheck, bevor es ab, Richtung Klagenfurt, ging. Gaaaanz gemütlich ohne Stress in Klagenfurt angekommen, wollte ich gleich die Registrierung hinter mich bringen. Wie erwartet, war in der Ironman-City am Donnerstag noch nicht so viel los, sodass die Registrierung super schnell vonstattenging. Ab diesem Zeitpunkt gab es kein Zurück mehr. Den Rest des Tages ließ ich am Wörthersee und in der Ironman Expo mit Kaffee und gutem Essen ausklingen. Sehr wichtig war die letzten Tage auch das Trinken wegen der Hitze. Mindestens 6 Liter waren es täglich. Spätestens beim Marathon würde sich eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr rächen.
Freitag ging es noch kurz Richtung Salzburg da ich dort noch etwas zu erledigen hatte, aber eine schöne Zugfahrt kann sehr entspannen. Die Zeit nützte ich um die letzten Abschlussarbeiten für das Semester fertig zu stellen. Ein gutes Zeitmanagement ist bei diesem Hobby wichtig.
Zurück in Kärnten ging es am Abend in Richtung der legendären Pasta Party. Was für ein Bild. Ein Riesenzelt voll mit Athleten und deren Angehörigen (diese müssen sich ein extra Ticket kaufen). Ein Kribbeln lag förmlich in der Luft. Aufgetischt wurde Salat mit Gebäck, verschiedene Getränke, Pasta in verschiedenen Varianten, ein Obstbuffet und das Beste zum Schluss, ein Kaiserschmarrenbuffet. Da mussten es schon ein paar Teller sein ;-). Neben der Pastaparty wurden die Länder der teilnehmenden Athleten vorgestellt. Unglaublich, aus allen Erdteilen sind die Athleten angereist. Ich war noch immer relativ ruhig und freute mich schon auf die nächsten spannenden Tage.
Samstag nach einem ausgedehnten Frühstück ging es um 10:00 zur Rennbesprechung. Dort werden die wichtigsten Regeln und der Ablauf des Rennens im Detail erklärt. Danach noch eine Runde locker im See schwimmen. Am Nachmittag stand der Bike Check-In und Abgabe der Wechselzonen Säcke am Programm. Dabei nochmal genau die Wege eingeprägt damit im Wettkampf alles schnell über die Bühne geht und nicht wertvolle Minuten verschenkt werden. Mittlerweile hat sich schon mein Fanclub (Studienkollegen) eingefunden. Am Abend noch gemeinsam auf ein Teller Spaghetti. Wieder in der Pension angekommen, bereitete ich die Wettkampfnahrung für den anstehenden Tag vor. Nach einer angenehmen Dusche ging es kurz nach 21:00 Uhr ab ins Bett. Die Nervosität stieg schon an.
Kling, Kling, Kling, 3:45 Uhr. Es war soweit. Der Tag auf den ich (und alle anderen Athleten) mich so lange vorbereitet hatte war gekommen. Nach dem Frühstück wurden noch die Wettkampfgetränke abgemischt. Um 4:50 ab ins Auto und Richtung Ironman-City. Beim Strandbad wimmelte es bereits von tausenden Menschen. Wie ein Ameisenhaufen geisterten die Athleten in den Wechselzonen umher um noch die letzten Vorbereitungen zu treffen. Kurz nach 6 Uhr fand ich mich im Startbereich ein. Spätestens ab diesem Zeitpunkt kam das totale Kribbeln auf. Rein in den Neopren und noch 5-10 Minuten einschwimmen. Das Gefühl war gut.
JETZT WAR ES SOWEIT! Es sollte keine 10 Minuten mehr bis zum Start dauern. Die Nervosität versuchte ich mit Konzentration etwas zu lindern. Noch die letzten Glückwünsche meiner Freunde abgeholt, ging es in die Startzone. „Welcome Ironman Athletes“ tönte es aus den Lautsprechern, untermalt von Musik, fantastisch. 5 minutes to go.
Der Pfarrer gab den Athleten noch die Segnung dann erfolgte der Start. Rund 2200 Wahnsinnige stürzten sich in die Fluten des Sees. Die Verhältnisse unter 2200 Schwimmern kann man sich wie in einer Waschmaschine vorstellen. Man muss seinen Platz in der Menge schon behaupten um nicht unter die Räder zu kommen, nichts für schwache Nerven. Bei einer solchen Menschenmenge lässt sich der eine oder andere Kontakt nicht vermeiden. Fällt für mich aber unter Wettkampfhärte und ist Teil des Sports. „Armzug, Armzug, atmen, …., Konzentration, nur nicht aus dem Konzept bringen lassen, niemand hat gesagt es wird einfach“ dachte ich mir. Dann ein paar Schläge auf den Kopf, meine Brille verrutscht leicht. Ich dachte „Bitte jetzt bloß nicht die Brille verlieren“. Zum Glück verwende ich immer ein Hauben Sandwich *g* (Badehaube, Brille, Badehaube), sonst wäre die Brille schon längst weg. Die ersten 1,8 km vergingen wie im Flug, der Rhythmus war gut. Man ist mehr damit beschäftigt seinen Platz zu behaupten als über die Strecke nachzudenken (kann auch ein Vorteil sein). Nach ca. 2,9km erwartete uns der Lendkanal, welcher vom Wörthersee direkt ins Zentrum von Klagenfurt führt. Der Weg von der letzten Boje Richtung Kanal kam mir wie eine Ewigkeit vor. Aber im Kanal angekommen, ein Bild das seinesgleichen sucht. Auf beiden Seiten des Ufers des 7 Meter breiten Kanals feuerten uns tausende Besucher an. Ich muss schon sagen, so ein geiles Gefühl lässt sich eigentlich nicht mehr toppen (dachte ich zu dieser Zeit ;-)). Bei jedem Atemzug blickt man den tobenden Zusehern ins Gesicht, man spürt nichts mehr. Dann der Ausstieg. Unglaublich, ich bin 3,8km durchgekrault (vorher noch nie an einem Stück) und es ging mir sehr gut. Zeit war für mich ok, 1h10min. „Nur“ doppelt so lange wie bei der Halbdistanz. Raus aus dem Wasser Richtung Wechselzone, das Publikum tobt.
Der Wechsel ging flott von der Hand. Die ersten Meter radelten wir vom Park auf die Hauptstraße. Die ersten Kilometer waren eher etwas zurückhaltend (ich wusste ja, was auf mich zukommt). Ein Riegel und viel trinken stand auf dem Programm. Nach ca. 10-15km ging es dann los, aber jetzt wurde angedrückt. Die Beine fühlten sich gut an und ich konnte Platz für Platz gut machen. Doch das Wichtigste war, es machte unheimlichen Spaß!!!! Der Druck auf den Pedalen war gut und es ging beinahe schon zu einfach von der Hand, aber es waren ja noch ca 130km. Die Wellen und Anstiege verliefen ohne Probleme, ich fuhr meine gewohnte Taktik, welche sich mal wieder als goldrichtig herausstellte. Am Rupertiberg pushten uns die Zuseher hoch. Beim Weg zurück nach Klagenfurt flogen die Zuseher nur so vorbei. Bei der Wende in Klagenfurt, zum Start für die zweite Runde (2x90km), einer der besten Momente im Rennen. Bereits rund 1000m vor der Wende standen die Menschenmassen auf beiden Seiten der Straße und trieben uns förmlich an. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, ich lag super in der Zeit, eigentlich sogar zu schnell. Die zweite Runde bestritt ich wie die Erste. Einzig nach 130 km gab es mal einen kurzen Hänger, der aber schnell verflog. Das letzte Mal über den Rupertiberg war fantastisch. Meine Freunde feuerten mich den Berg hoch. Die letzten 20 km nahm ich deutlich Geschwindigkeit raus. Ich hatte rund 10 Minuten gut auf meine angestrebte Zeit, und würde die Erholung für den Marathon sicher brauchen. Die letzten 5km überraschte uns ein heftiger Regenguss, angenehm. Nach 4h56min erreichte ich die zweite Wechselzone. Vier Minuten schneller als erwartet und mit guten Beinen. Nach dem Schwimmen noch auf Platz 775, war es jetzt bereits Platz 152.
Jetzt „nur“ mehr ein Marathon. Ja, richtig gelesen, 42,2 km Laufen. Ich fühlte mich gut. Das verleitete mich zu schnell anzulaufen. Das sollte sich rächen ;-). Den letzten Solo Marathon bin ich in 2:49 gelaufen, natürlich war so eine Zeit in keiiiinster Weise realistisch. Dachte so eher an 3h:15. Die 10 Stunden Grenze war in Reichweite, sogar deutlich. Aber ab km 15 fing der Ironman erst richtig an. Hier wurde mir klar was Ironman bedeutet. Es hat nichts mit Muskeln zu tun, es war eine mentale Herausforderung. Ab da war es reine Kopfsache. Und was für eine. Nach dem Halbmarathon und durch die vorhergegangenen Strapazen machte sich auch die Verdauung bemerkbar und eine Runde am WC war unausweichlich. Trotzdem versuchte ich immer wieder etwas Nahrung und Flüssigkeit aufzunehmen, denn sonst kann ein massiver Einbruch auch noch ein paar Meter vor dem Ziel die Folge sein. Die letzten 10km musste ich 3-4 10m Gehpausen einlegen. Doch die Uhr zeigte eine traumhafte Zeit. Somit war der abschließende Teil vom Lindwurm in die Eventarena nur noch Formsache.
Dann war es soweit. Nach knapp 9h30 der letzte Kilometer. Weit vor dem Ziel läuft man im Zuseherkorridor bei den Massen vorbei. Mein kleiner Fanclub feuerte mich die letzten Meter an. Die letzte Kurve und es geht in das prall gefüllte Stadion. Bei tosendem Applaus genoss ich diese Schritte. Abklatschen, Verneigungen und Jubelposen, aus dem Lautsprecher tönt es „YOUUUUU ARE AN IIIIRONMAN“. Einer der schönsten Momente die man sich vorstellen kann. Nach 9h38 Minuten war es vollbracht. Die ganzen Mühen und Entbehrungen der letzten Monate haben sich voll und ganz ausgezahlt, ein unbeschreibliches Gefühl. Jegliche Last fiel von mir ab. Vor allem, da das angestrebte Ziel von unter 10 Stunden zweifellos ambitioniert war und ich so manchmal meine Zweifel hatte. Ein großer Dank auch meinem Trainer (Sportservice Demolsky) - ohne ihn wäre das nie möglich gewesen.
Dank natürlich auch dem FH OÖ Sports Team für die tolle Unterstützung!
Das war mein Abenteuer Ironman. Es soll aber keinen Abschluss sondern eher einen Beginn darstellen. Mal sehen was die Zukunft bringt.
Ich hoffe der Bericht vermittelt etwas die Atmosphäre eines solchen Wettkampfes.
Euer Manuel