„…Vergiss alles….
Ein Schwimmintensivsemiar mit Daniela Weber
…was Du bisher gelernt hast…“. Unter diesem Prinzip stand das zweitägige Intensivkraulseminar mit Dani Weber, das letztes Wochenende in der Schwimmhalle im Linzer Raab Heim stattgefunden hat. Nicht das Schwimmen, sondern das Vergessen war dann auch das Schwierigste. So gesehen war es mehr als nur ein Schwimmtraining, sondern auch ein Seminar über Körper und Geist, über Lernen und Vergessen, über Besitz und Verlust, über Angst und Mut und über Veränderung.
Nicht das Abspulen von Kilometern stand im Vordergrund, sondern das langsame körperliche Erlernen des Gleitens im Wasser, das Erfahren von Widerständen, das Erspüren von Verspannungen und Blockaden, die im Wasser – und nicht nur dort - als Bremser wirken.
Der Gegensatz zu dieser Lehr- und Lernmethode ist das klassische Training mit dem Trainer als militärischer Ausbildner, der am Beckenrand steht und markige Sprüche in die Gischt schreit. Wie zum Beispiel:“…Arschbacken zusammen…“ oder“…du schwimmst ja wie ein hinicher Karpfen…“ oder „…bei eich zahlt des sicha die Gebietskranknkassa…“. Das hat zwar irren Unterhaltungswert und gehört gelegentlich auch dazu – zumindest ich steh auf so was – aber auf Dauer bringt es dich nicht weiter. Auch nicht in der Softievariante, wo sich der Trainer nicht einmal mehr schimpfen traut. Da hört man nur noch so gelegentliche Tipps wie „…mach dich länger…“ etc etc. Wer ein bisschen ein Wassergefühl mitbringt, kommt vielleicht irgendwann selbst drauf, dass ein Kartoffelsack mehr Wasserwiderstand als ein Pfeil hat.
Im klassischen Training erfährst du alle deine Fehler, aber niemand kann dir erklären, was du anders machen sollst oder wo das Problem wirklich liegt. Dani Weber wirft dir keine Fehler vor, sondern sieht genau darin Potentiale. Und zeigt dir, wo das Problem liegt, indem sie dich im Wasser angreift, drückt, stößt, zieht, in dem sie dich deine alten Bewegungsmuster spüren lässt.
Diese Trainingsmethode wurde von Dani Weber entwickelt, insbesondere aber das "Eingreifen" im Wasser, auch "Bodyguiding" genannt bzw die Anwendung "taktiler Griffe". Das kann ganz schön zwicken, aber der Körper merkt es sich so leichter und schneller.
Diese Technik ist aber nicht nur eine Schwimmschule, sondern auch eine Mentalschule, die auf eigenverantwortliche Fortschritte nach dem Erlernen der Grundlagen abzielt und nicht auf kontinentaleuropäischen Drill, wo immer einer sagt was du tun musst. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum Amerika einen Lance Armstrong hervorbringt, Europa hingegen einen Jan Ullrich, Amerika Mark Spitz und Michael Phelps. Und auch Markus
Rogan war lange in Amerika.
Der Samstagnachmittag hat mit Wasserlageübungen begonnen. Und immer dasselbe Lernmuster. Solange es der Körper nicht begreift, hast du das Gefühl, abzusaufen. „…Jeder schluckt soviel Wasser, soviel er will…“, sagt Dani Weber. Wie soll man auf dem ausgestreckten rechten Arm liegen und gleiten, wenn unter dem Arm nur Wasser ist? Wütend könnte man werden. Wie soll das gehen?
Auf einmal geht es, nach zig Versuchen und Unterwasserflüchen, die Gott Sei Dank nur die Chlorgeister gehört haben, geht es auf einmal. Der Körper hat es verstanden, der Kopf noch nicht. Was aber nichts macht.
Nach einer kurzen Aufwärmpause geht es in die zweite Trainingseinheit, in der das Geübte wiederholt wird. Und immer wieder Übungen zum Erfühlen des Gleitens, des geringeren Wasserwiderstandes, zum Auftrieb, zum Absinken, Tauchübungen. Ich fühle mich wie ein Anfänger, obwohl ich nicht langsam bin. Doch trotz meiner aktuellen Zeit von 0:37 min auf 1,9 km habe ich das Gefühl, nicht viel zu können, mit zu viel Kraft geschwommen zu sein.
Schluss für heute. Am Abend gehen wir, also Regina und ich mit Dani ins Herberstein. Dort war ich noch nie. Und ohne mein iPhone samt „Maps“ hätt ich dort auch nicht hingefunden! Schon wieder was Neues. Mit dabei waren auch Petra, Danis „Zimmerwirtin“ und mehrfache Schwimm-Staatsmeisterin Sigrid Michalicka.
Sonntagvormittag. Alles ins Wasser und die Übungen vom Vortag wiederholen. Zwei Längen Technik, zwei Gesamtbewegung. Stundenlang…….Dazwischen macht Dani Videoaufnahmen über und unter Wasser. Eine Gruppe trainiert mit Sigrid die Rollwende. Die kann ich, aber nur beim ersten Mal. Sobald wer zuschaut und ich zu denken beginne, kann ich sie nicht mehr und ende am Beckenboden mit chlorgespülter Nase.
So gegen 13 Uhr am Sonntag sehen wir uns die Videoaufnahmen an. Bester Seminarteilnehmer aus IT-Sicht war Stefan, der dann auch die Inbetriebnahme der Geräte leitete. Aber auch schwimmtechnisch hat Stefan, wie er selbst betont, „…zum ersten Mal das Gefühl gehabt, zu gleiten, ohne größere Anstrengung…“. Die meisten hatten dieses Gefühl. Jeder hat seine individuellen Übungen als Hausaufgabe mitbekommen. Ich war bei der Videoanalyse so müde, dass mir die Augen zugefallen sind. Echt ko, und die Schultern habe ich gespürt, wie schon lange nicht mehr.
Vom FH Sportverein war neben Stefan auch Sabine, die im Video etwas gezeigt hat, das bei manchen, die schon seit Jahren mit dem Wasser kämpfen, nicht annähernd so gut aussieht. Tolle Leistung!
Am Abend zu Hause hab ich noch „Stunden“ mit Feichti telefoniert, der aufgrund einer starken Erkältung nicht kommen konnte. Aber erklär am Telefon zwei ganze Tage. Noch dazu, wenn du selbst noch einen Kuddelmuddel im Kopf hast. „…Nächstes Mal bin ich auf jeden Fall dabei…“, erklärt Feichti dann vor versammelter Presse.
Naja, vielleicht kommen wir eines Tages doch noch nach Hawaii und schwimmen in der Bucht von Kailua-Kona die 3,86 km, wer weiß? Denn „…if you can dream it, you can do it…“!
Und gib niemals auf!
Euer
Christian Schweighofer